Das Ertragswertverfahren
kommt meist bei vermieteten und verpachteten Immobilien zum Einsatz. Es ermittelt den Ertrag, also den Gewinn, der mit einer Immobilie erwirtschaftet werden kann. Die Qualität der Bausubstanz ist bei der Wertermittlung durch das Ertragswertverfahren somit nur indirekt von Bedeutung.
Vermietete Immobilien sind Kapitalanlagen. Steht beispielsweise ein Mehrfamilienhaus mit mehreren Mietwohnungen zum Verkauf, möchte der Käufer vorrangig wissen, in wie vielen Jahren sich sein Kapitaleinsatz (= der Kaufpreis) amortisiert haben wird, also wie viel Gewinn er pro Jahr mit der Immobilie erwirtschaften kann.
Um diesen Wert ermitteln zu können, weicht die Ertragswertberechnung in wesentlichen Punkten von den beiden anderen Wertermittlungsverfahren, dem Sachwertverfahren und dem Vergleichswertverfahren, ab. So wird der Bausubstanzwert der Immobilie zum Beispiel nicht als eine der Hauptrechengrößen in die Berechnung integriert, so wie dies beim Sachwertverfahren der Fall ist, sondern lediglich zur Ermittlung der Restnutzungsdauer herangezogen.
Im ersten Schritt wird der Jahresreinertrag der Immobilie ermittelt. Hierfür werden von der Miete eines Jahres ohne Nebenkosten (= Jahresrohertrag) die Betriebskosten abgezogen. Die Nebenkosten fließen deshalb nicht in die Berechnung mit ein, da sie auf den Mieter in gleicher Höhe umgelegt werden. Die Ausgaben für die Nebenkosten sind somit mit den Einnahmen identisch und können annulliert werden. Beachten sollte man aber, ob noch Kosten bei der Nebenkostanbrechnung auf den Eigentümer fallen! Diese sind zu berücksichtigen!
WICHTIG: Für die Ermittlung der Jahresmiete werden die ortsüblichen Vergleichsmieten heranzuziehen, nicht die aktuell tatsächlich erzielten Mieteinnahmen. Mietausfälle oder niedrige Bestandsmieten werden ganz zum Schluss der Berechnung vom Endergebnis berücksichtigt.
Als nächstes wird zunächst der Bodenwert ermittelt. Danach werden Bodenwert und Liegenschaftszins miteinander multipliziert, um den Bodenwertverzinsungsbetrag zu erhalten. Dieser Wert wird vom Jahresreinertrag abgezogen.
Im Ertragswertverfahren wird allein die Verzinsung des Bodens in die Berechnung mit einbezogen und nicht die Verzinsung des Gebäudes, da ein Gebäude sich abnutzt. Ein Grundstück unterliegt hingegen keinen Abnutzungserscheinungen und ist somit eine gleichbleibende Größe bei der Amortisierung des eingesetzten Kapitals.
Der Bodenwert ergibt sich aus der Formel: Bodenrichtwert x Grundstücksfläche
Er wird mithilfe der Bodenrichtwertkarten ermittelt, die von den Gutachterausschüssen einer jeden Stadt regelmäßig erstellt werden. Die dort angegebenen Werte basieren auf den tatsächlich erzielten Kaufpreisen in der Region. Um nun anhand der Bodenrichtwertkarten den Bodenwert für das eigene Grundstück ermitteln zu können, wird für die Berechnung davon ausgegangen, dass es die auf dem Grundstück stehende Immobilie nicht gibt. Das so entstandene reine Grundstück wird anhand fester Kriterien (Lage, Größe, Ausrichtung etc.) mit anderen, in jüngster Zeit verkauften Grundstücken verglichen und so der passende Bodenrichtwert ermittelt. Individuelle Lagen oder besondere Eigenschaften sollten hierbei berücksichtigung finden!
Die Höhe des Liegenschaftszinses hängt von Art, Lage und Restnutzungsdauer eines Objektes ab. Er wird rückwirkend auf Basis der vergangenen Marktlage ermittelt. Der Liegenschaftszins ist aufgrund seiner Bedeutung für den Bodenwert eine wichtige Rechengröße für das Ertragswertverfahren und kann in den entsprechenden Grundstücksmarktberichten der jeweiligen Gemeinde eingesehen werden. Wir gehen in unserem späteren Rechenbeispiel von einem Liegenschaftszins von fünf Prozent aus.
Zieht man den Bodenwertverzinsungsbetrag vom Jahresreinertrag ab, so erhält man den Gebäudereinertrag. Dieser Wert wird im 3 Schritt mit dem Ertragswertvervielfältiger multipliziert, um den Ertragswert des Objektes ohne den Wert des Bodens bestimmen zu können.
Der Vervielfältiger ist von der Restnutzungsdauer und dem Liegenschaftszins abhängig und gibt grob gesagt an, nach wie vielen Jahren sich die Anschaffung der Immobilie für den Käufer lohnen wird. Für Verkäufer ist der Vervielfältiger ein wichtiges Instrument zur Festlegung des Angebotspreises.
Der Vervielfältiger (Barwertfaktor) kann nach der folgenden Formel berechnet werden:
V = (qn-1) / (qn * i)
Dabei steht "V" für Vervielfältiger, "i" ist der Liegenschaftszins, "q" ist "i" + 1 und "n" ist die Restnutzungsdauer.
Alternativ geben auch viele Tabellen im Internet eine Übersicht der Vervielfältiger.
Jetzt wird dem bisherigen Ergebnis der Bodenwert hinzugefügt. Das Ergebnis ist der vorläufige Ertragswert.
Der vorläufige Ertragswert kann im viertenSchritt um besondere Merkmale der Immobilie angepasst werden. Sind zum Beispiel zwei Wohnungen aktuell nicht vermietet, wird dieser Mietausfall hier abgezogen. Auch niedrigere Mieten als die ortsüblichen Vergleichsmieten oder Bauschäden mindern noch einmal den vorläufigen Ertragswert. Diese Werte werden deshalb erst zum Schluss abgezogen, da sie vorübergehender Natur sind und somit nicht in die Berechnung des regelmäßig zu erzielenden Jahresertrages gehören.
Es ist deutlich geworden: Das Ertragswertverfahren ist kein triviales Rechenspiel, sondern hoch komplex und fehleranfällig. Jede einzelne Komponente hat große Auswirkungen auf das spätere Ergebnis und somit auf den erzielbaren Verkaufspreis. Das Ertragswertverfahren sollte deshalb immer ein Gutachter durchführen, der dafür zertifiziert ist, der sich auch mit der Umrechnung des Ertragswertes in einen guten Angebotspreis auskennt.
Und so wird berechnet:
Jahresnettomiete (Rohertrag) |
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Abzüglich |
Bewirtschaftungskosten und Bodenwertverzinsungsbetrag |
Ergibt |
Reinertrag des Grundstückes |
Abzüglich |
Bodenwertverzinsung (Bodenwert x Liegenschaftszins) |
Ergibt |
Gebäudeertragswert |